Kula (Ritual)

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Eine soulava-Halskette

Als Kula oder Kula-Ring bezeichnet die Ethnologie (Völkerkunde) ein rituelles Gabentausch-System mit verzögerter Gegenseitigkeit bei den Bewohnern der pazifischen Trobriand-Inseln. Diese melanesischen Inseln sind fast kreisförmig angeordnet, zwischen ihnen werden im Uhrzeigersinn soulava getauscht, Halsketten aus kleinen roten Muschelplättchen. In die andere Richtung, gegen den Uhrzeigersinn (im Mühlensinn), werden mwali getauscht, Armbänder aus einem weißen Muschelring. Die einzelnen Ketten und Reife haben heiligen Charakter mit einer jeweils eigenen mündlich überlieferten Geschichte. Alle Gaben müssen nach einiger Zeit weitergetauscht werden.

Vier mwali-Armbänder

Das Wort Kula bedeutet ein rituelles Tausch- und Prestigeobjekt ohne unmittelbaren Nutzen für den Empfänger. Mit dem Erhalt einer Gabe ist die Verpflichtung verbunden, innerhalb eines bestimmten Zeitraumes dem Gebenden etwas Entsprechendes zu schenken. Die soziale Funktion dieses komplexen, nicht gewinnorientierten Austauschhandels besteht darin, die sozialen Bande zwischen den herrschaftsfrei miteinander verbundenen Trobriandern zu verstärken und realen Gütertausch rituell zu begleiten. Geber und Nehmer stehen dabei in einer ständigen (vererbbaren) Position des Gastfreundes zueinander.

Weil die Bootsfahrten zwischen den weit entfernten Inseln nicht ungefährlich waren, konnte das System junge Männer dazu motivieren, Navigationswissen zu erwerben, um beim Ringtausch besonderes Prestige zu erwerben. Dies bildete einen Anreiz, den Kontakt zwischen den Inseln dauerhaft aufrechtzuerhalten und hatte den Nebeneffekt der Inzest- und Endogamievermeidung.[1]

Der polnische Sozialanthropologe Bronisław Malinowski hat das Kula-System 1922 in seinem Buch Argonauten des westlichen Pazifik detailliert beschrieben und in den europäischen Sozialwissenschaften bekannt gemacht.

Malinowskis Erkenntnis, dass es auch Wirtschaften ohne Gewinnorientierung gibt, beeinflusste die gesamte Wirtschaftsethnologie, aber auch das westliche ökonomische Denken. Der französische Ethnologe Marcel Mauss befasste sich 1924 in seinem Werk Die Gabe noch ausführlicher mit dieser komplexen Thematik und stellte interkulturelle Vergleiche über den Geschenketausch an (siehe auch Schenkökonomie).

Durch die Entdeckung des Kula-Ringes wurde die Relevanz der Teilnehmenden Beobachtung als Methodik in der Ethnologie erstmals deutlich. Die meisten teilnehmenden Akteure sind sich dem geographischen und sozialen Umfang des Tauschsystems nicht bewusst und hätten dieses so – wie damals in der Feldforschung üblich – nur in Interviews nicht in seiner Gänze darlegen können.

Die deutsche Ethnologin Susanne Kuehling untersuchte die Praxis des Kula-Austauschs auf den D’Entrecasteaux-Inseln.[2]

  • Hxaro (gegenseitiges Tauschsystem der südafrikanischen ǃKung-San)
Commons: Kula-Tauschobjekte (Kula exchange) – Bilder und Mediendateien

Einzelnachweise

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  1. Frank Hillebrandt: Praktiken des Tauschens: Zur Soziologie symbolischer Formen der Reziprozität. Springer, 2009, S. ??.
  2. Susanne Kuehling: The name of the gift: ethics of exchange on Dobu Island. Doktorarbeit Australian National University 1998 (englisch; Downloadseite).