Gerhard Hermanns

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Gerhard Hermanns, 2014

Gerhard Hermanns (* 18. August 1935 in Langenfeld; † 8. Juli 2015 in Barkenholm (Dithmarschen), Schleswig-Holstein) war ein deutscher Grafiker/Holzschneider und bildender Künstler. Sein bevorzugtes Medium war der Holzschnitt/Farbholzschnitt.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der im Rheinland geborene Hermanns machte von 1951 bis 1954 eine Ausbildung zum Musterzeichner für Textildruck. Ab 1965 besuchte er die Werkkunstschule Dortmund und schloss 1968 dort die künstlerische Ausbildung in der freien und angewandten Grafik ab. Es entstanden erste, einfarbige Holzschnitte. Er arbeitete danach bis 1970 als Musterzeichner in der Textilindustrie.

1970 bis 1972 folgte aus gesundheitlichen Gründen eine Umschulung zum Berufsberater für Behinderte. Fünf Jahre führte er die Tätigkeit als Behindertenberater beim Arbeitsamt Iserlohn aus, von 1978 bis 1991 beim Arbeitsamt Heide in Dithmarschen, Schleswig-Holstein.

1978 erfolgte ein Umzug nach Dithmarschen an die Westküste Schleswig-Holsteins. Das Licht, die Weite und die grafische Landschaft faszinierten und inspirierten den Künstler. Neben seiner beruflichen Tätigkeit widmete er sich fortan intensiv der Technik des Farbholzschnitts im Handdruckverfahren. In den Jahren 1982 bis 2017 entstanden große Zyklen, die Hermanns in ganz Deutschland in Museen und Galerien zeigte.

Hermanns starb 2015 nach langer Krankheit. Das Dithmarscher Landesmuseum widmete ihm noch im selben Jahr post mortem eine große Jubiläums- und Gedächtnisausstellung.[1]

Arbeit und Werk[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gerhard Hermanns beim manuellen Holzdrucken in seinem Atelier, 1991
Austernfischer
September
Haubarg
Iris
Lichtung
Gaia VI, Die Farbe des Korns

Helene Blum-Spicker, Mitarbeiterin des Kreismuseums Zons, beschrieb den Stil Hermanns in der Einführungsrede zur Ausstellung Letzte Landschaften 1994 wie folgt:

„Gerhard Hermanns wählte als einziges bildnerisches Medium die älteste graphische Drucktechnik, den Holzschnitt. Er entwickelte eine eigenständige Bildsprache und beherrscht die Technik des Farbholzschnitts in meisterlicher Perfektion bis hin zum Handdruck. […] Hermanns entwickelte eine einzigartige malerisch-impressionistische Bildsprache unter Ausnutzung der natürlichen Beschaffenheit der Hölzer. Es gibt bei ihm keine begrenzende Linie, keine einfarbige Fläche, keine Schwarzplatte. […] Im Detail erinnern die Strichkombinationen an Stoffstrukturen und Muster, d.h. an die ursprüngliche Tätigkeit des Künstlers als Musterzeichner.
Diese diffizile Anwendung der Holzschnitttechnik bei farbigem Druck ermöglicht eine überzeugende Darstellung atmosphärischer Phänomene, wie Regen und Dunstschleier und vergangenes Sonnenlicht, die man sonst nur im Aquarell glaubt darstellen zu können.“

Helene Blum-Spicker[2]

Hermanns bestand darauf, dass er nicht nur Holzschneider, sondern auch Holzdrucker war, denn er entwickelte gerade auch im Handdruckverfahren eine ganz eigene Technik des Farbauftrags. Er war Meister des Farbholzschnitts. Mit bis zu 48 Farben druckte er seine teils großformatigen Blätter. Er arbeitete überwiegend in Zyklen oder größeren, zusammenhängenden Themenkreisen. Seine ersten Zyklen widmete er der Natur, der Westküste und landschaftlichen Themen, wie in „Koppel und Vorland“ und „Letzte Landschaften“. Sein Interesse an Lyrik und die bildnerische Auseinandersetzung damit führte zur intensiven Zusammenarbeit mit einigen zeitgenössischen Dichtern. Hieraus entstanden die Zyklen „Gaia“ und „Holzgesänge“. Außerdem gestaltete er zusammen mit Lyrikern wie Siegfried Marquardt und J. P. Tammen Künstlerbücher und Gedichtbände. Im Laufe seiner künstlerischen Schaffenszeit entfernte er sich immer weiter vom konkreten Naturbild hin zu verstärktem Ausdruck abstrakter Inhalte durch Form und Farbe.

Koppel und Vorland (1982 bis 1987)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Zyklus umfasst 56 Farbholzschnitte, die im Handdruck gefertigt wurden. Koppel und Vorland ist eine bildnerische Auseinandersetzung mit der eigentümlichen Ästhetik der Westküste Schleswig-Holsteins, insbesondere Dithmarschens. Er umfasst fünf verschiedene Themenbereiche: Monatsbilder, Kutter und Warften, Flora und Fauna, Begegnungen, Ausklang.[3]

Letzte Landschaften (1987 bis 1991)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die 100 Farbholzschnitte zum Zyklus „Letzte Landschaften“ wurden in den Jahren 1987 bis 1991 im Handdruck erstellt. Der Zyklus thematisiert die Zerstörung der Umwelt und den schleichenden Verfall von Kulturlandschaft (s. Meine Holzwege durchs Katinger Watt im Katalog „Letzte Landschaften“, Kataloge der Museen in Schleswig-Holstein). Der Zyklus umfasst 10 Hauptmotive und 13 Themenmotive mit jeweils zwei bis drei sogenannten Destruktionen. Die Zerstörung der Natur setzte Hermanns nicht nur in den Bildmotiven um, sondern er wandte bei der Herstellung der Druckplatten überwiegend die Holzschnitt-Technik des „verlorenen Stocks“ an. Die Druckstöcke der Themenmotive wurden für jede Destruktion weiter bearbeitet oder reduziert und wieder gedruckt, und dadurch gleichzeitig unwiederbringlich zerstört.[4]

Gaia (1994 bis 1997)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Zyklus mit 44 Farbholzschnitten entstand in den Jahren 1994 bis 1997 durch eine Zusammenarbeit mit dem Lyriker Siegfried Marquardt, Bremen. Es war ein künstlerischer Dialog zwischen Sprachbildern und Bildersprache. Themen dieser Zusammenarbeit waren: Licht, Farbe, Leben. Zu 10 Gedichten des Lyrikers, jeweils bezogen auf eine bestimmte Farbe, entstanden folgende Farbholzschnitte:

  • 10 kleinformatige Grafiken mit Lyrik als Faltblatt in 10 verschiedenen Farbräumen
  • 24 mittelgroße Formate, jeweils 3 Motive zu jeder Farbe
  • 10 große Formate als Metamorphosen zu jedem Farbraum

Holzgesänge (1999 bis 2007)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Zyklus entstand in der Zeit von 1999 bis 2007. Er umfasst 25 Farbholzschnitte zu süd- und osteuropäischer Lyrik von durchweg zeitgenössischen Autoren (entnommen überwiegend aus „Buch der Ränder“, Wieser-Verlag).

Öffentliche Sammlungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Holzschnitte von Gerhard Hermanns befinden sich in folgenden Sammlungen und öffentlichen Institutionen:

  • Spendhaus, Kunstmuseum Reutlingen/Baden-Württemberg: »GAIA« kompletter Zyklus (43 Werke und Skizzen und 16 Druckstöcke); »Hommagen« kompletter Zyklus (17 Werke und Skizzen und 3 Druckstöcke)[5]
  • Dithmarscher Landesmuseum, Meldorf/Schleswig-Holstein: »Koppel und Vorland« kompletter Zyklus (56 Werke); weitere Werke und Jahreskarten
  • Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek, Kiel/Schleswig-Holstein: »Holzgesänge« Zyklus (WerkNrn. 010-034) und Skizzen; div. »Lesezeichen«/»Einblattdrucke« und Skizzen; Künstlerbuch „Das Land. Das Meer. Das Ohr des Wetterfühlers“, Tammen/Hermanns; Künstlerbuch »Mona – meine Geige«
  • Herzog August Bibliothek, Wolffenbüttel/Niedersachsen: Künstlerbuch »Das Land. Das Meer. Das Ohr des Wetterfühlers«, Tammen/Hermanns

Ausstellungen (Auswahl)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur/Bibliographie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Koppel und Vorland: Gerhard Hermanns; Farbholzschnitte von der Nordseeküste. Westholstein. Verl.-Anst. Boyens, Heide in Holstein 1988, ISBN 3-8042-0453-8.
  • Gerhard Hermanns, Letzte Landschaften: Farbholzschnitte (= Kataloge der Museen in Schleswig-Holstein. Band 3). Westholsteinische Verl.-Anst. Boyens, Heide 1992, ISBN 3-8042-0593-3.
  • Gaia, Farbholzschnitte Gerhard Hermanns, Siegfried Marquardt Gedichte. Ostholstein-Museum, Eutin 1998, OCLC 75924548.
  • Helene Blum-Spicker, Sigrid Barten: Mohn: Mythos – Symbol – Gestalt. Kreismuseum Zons, Dormagen 1999, ISBN 3-9806527-1-8 (Ausstellung vom 11. Juni – 25. August 1999 im Kreismuseum Zons).
  • Johann P. Tammen, Gerhard Hermanns: Das Land. Das Meer. Das Ohr des Wetterfühlers. Quetsche, Witzwort 2000, OCLC 248721793.
  • Helene Blum-Spicker, Ingeborg Becker: Iris: Mythos, Symbol, Gestalt. Landrat Rhein-Kreis Neuss, Neuss 2002, ISBN 3-9806527-3-4.
  • Helene Blum-Spicker, Helga Dietrich: Tulpen: Mythos, Symbol, Gestalt. Landrat Rhein-Kreis Neuss, Neuss 2005, ISBN 3-9806527-3-4 (scheinbar mit identischer ISB-Nummer wie der Katalog von 2002).
  • @1@2Vorlage:Toter Link/www.lueued-magazin.deGerhard Hermanns: Ein Künstlerleben (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Februar 2024. Suche in Webarchiven) In: Lüüd, das Kulturmagazin in Dithmarschen. Februar 2014.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Gerhard Hermanns – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Meldorf: Ausstellung mit Holzschnitten von Hermanns. boyens-medien.de.
  2. Auszüge aus der Einführungsrede zur Ausstellung „Letzte Landschaften“ von MA Helene Blum Spiecker, Kreismuseum Zons, Dormagen, 1994 auf jimdo.com
  3. Koppel und Vorland Farbholzschnitte von Gerhard Hermanns. (Memento des Originals vom 1. Oktober 2018 im Internet Archive) dithmarschen.de.
  4. Gerhard Hermanns, Letzte Landschaften: Farbholzschnitte (= Kataloge der Museen in Schleswig-Holstein. Band 3). Westholsteinische Verl.-Anst. Boyens, Heide 1992, ISBN 3-8042-0593-3.
  5. In die heiligen Hallen des Holzschnitts Übergabe der Zyklen »GAIA« und »Hommagen« an das Kunstmuseum Reutlingen, Dithmarscher Landeszeitung, 2022
  6. Dithmarscher Kunst im Landesgedächtnis Übergabe des Zyklus »GAIA« an Schloss Gottorf, Dithmarscher Landeszeitung, 2018
  7. 32 Holzschnitte fuer das Kuenstlermuseum (Memento vom 26. August 2019 im Internet Archive) Übergabe der Schenkung an das Künstlermuseum Heikendorf, 2018
  8. @1@2Vorlage:Toter Link/www.nwzonline.deBewegende Balkan-Lyrik ins Bild gesetzt. (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Februar 2024. Suche in Webarchiven) NWZ online, Galerie am Wehlhamm, Butjadingen, 2007
  9. Vom Baum zum Bild – 6 norddeutsche Holzschneider. kunstverein-heide.com, 2007
  10. @1@2Vorlage:Toter Link/www.nwzonline.deLetzte Landschaften. (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Februar 2024. Suche in Webarchiven) Küstenmuseum Nationalparkhaus Fedderwardersiel, 2008
  11. 4 Menschen – 4 Meinungen. SHZ Husumer Nachrichten, 2012
  12. Koppel und Vorland. Dithmarscher Landeszeitung, 2015
  13. Vergänglichkeit und andere Schönheiten. (Memento des Originals vom 10. April 2018 im Internet Archive) Kieler Nachrichten, Künstlermuseum Heikendorf, 2015
  14. Wer im Glashaus sitzt... kunstgriff.de, 2018
  15. "Wer im Glashaus sitzt, ..." – Zeitgenössische Kunst im Gewächshaus alte-schule-tiebensee.de, 2018
  16. Elf Künstler zeigen Bilder und Skulpturen im Glashaus/ Dithmarscher Landeszeitung, alte-schule-tiebensee.de, 2018
  17. Zwischen den Gezeiten kunstgriff.de, 2018
  18. Fotografien, Fotografiken, Farbholzschnitte: Zwischen den Gezeiten/ alte-schule-tiebensee.de, 2022
  19. Werke jetzt in der Nationalbibliothek Dithmarscher Landeszeitung, August 2023
  20. Biće da beše (Memento des Originals vom 29. April 2023 im Internet Archive) Deutsche Welle Serbien, Dragoslav Dedović, April 2023
  21. Biće da beše b92.net Serbien, Dragoslav Dedović, April 2023
  22. Biće da beše Radio Televizija Crne Gore - Nacionalni javni servis, Dragoslav Dedović, Serbien, April 2023
  23. Biće da beše Vijesti online, Dragoslav Dedović, Serbien, April 2023